Vergleich zwischen Carbon- und Holzbögen für Streichinstrumente
Einführung
Die Wahl des richtigen Bogens ist entscheidend für die Leistung und den Klang von Streichinstrumenten. Dieser Artikel vergleicht Carbon- und Holzbögen in Bezug auf die Anforderungen von Anfängern, Fortgeschrittenen und Profis, und listet Vor- und Nachteile auf.
Allgemeines
Zur Wahl des richtigen Bogens könnte man ein ganzes Buch schreiben. Dennoch möchte ich die wesentlichen Aspekte in Kurzform darstellen, so dass sie Ihnen eine Hilfe sind.
Entscheidend für die Wahl des Bogens sind
- Budget
- Spiel-Level/Erfahrung auf dem Instrument
- individuelle Anforderungen (reisetauglich, nachhaltig, vegane Anforderungen usw.)
Über diese 3 Faktoren sollte man sich zunächst einmal Klarheit verschaffen, weil damit die riesige Auswahl auf dem Markt schon einmal erheblich eingeschränkt wird.
Budget
Die Festlegung des Budgets ist der erste Schritt bei der Wahl eines neuen Bogens. Dafür sollten folgende Aspekte berücksichtigt werden:
- für Einsteiger genügt ein Budget von maximal 100 €
- Fortgeschrittene und Hobby-Musiker sollten ein mittleres Budget von 300-2000 € einplanen, je nach Spiel-Level und beabsichtigter Nutzung (Solokonzerte, Kammermusik, nur allein im "stillen Kämmerlein", Orchester, Straßenmusik, Reisen usw)
- für Profis hat sich die Faustregel "Preis der Geige=Preis des Bogens" als ungefähre Orientierungshilfe etabliert.
Wie aus den o.a. Aspekten hervorgeht, steigt mit dem Können auch die Anforderung an den Bogen, und somit auch der Preis. Zugleich wird die treffende und richtige Auswahl des Bogens auch immer wichtiger für die persönlich Performance.
Für einen Einsteiger fühlt sich jeder Bogen an wie ein grober Stock, den man komisch anfassen muss und damit artistische Kunststückchen ausführen soll, die grundsätzlich nicht vernünftig gelingen wollen, und dabei auch manchmal noch fürchterliches Gequietsche produzieren.
Mit zunehmendem Können wird der Bogen aber ein immer wichtigerer Bestandteil des gesamten Tonspektrums, der Tongestaltung und der Performance. Das Hineinwachsen in die fortgeschrittene Bogentechnik erfordert zunehmend einen Bogen, der die Lernprozesse begleitet und unterstützt. Das kann ein Billigbogen irgendwann nicht mehr leisten.
Profis benötigen eine vollständige Identifikation mit dem Bogen, eine Art Verschmelzen der eigenen Bewegungen mit dem Instrument, mit dem Bogen als vermittelnde und tongebende Instanz. Hierbei muss der Bogen perfekt zu der individuellen und erlernten Art der Bogenführung passen, und er muss sich auch in den Gesamtklang des Instruments einfügen. Das sind sehr hohe Anforderungen. die sich ebenfalls im Preis niederschlagen. Dabei wird der Profi in der Regel niemals die "zweitbeste" Lösung wählen, nur weil sie billiger ist.
Spiel-Level
Die Einteilung in die 3 Kategorien "Einsteiger, Fortgeschritten, Profi" ist natürlich ein wenig grob und willkürlich. Unter anderem deswegen, weil der/die eine nach 2 Jahren möglicherweise noch mit den Grundlagen der Intonation, den ersten 4 Griffarten und dem Spiel in der ersten Lage zu kämpfen hat, während jemand mit höherem Übe-Aufwand vielleicht schon fortgeschrittene Stricharten, das Spiel in höheren Lagen und fortgeschrittene Tongebung wie Vibrato beherrscht. Insofern ist die Eisntufung nicht an der Zeit zu messen, die man sich bereits mit dem Instrument beschäftigt hat, sondern an den erzielten Fortschritten.
Lediglich die Definition für "Profi" dürfte klar sein: Das ist jemand, der ein abgeschlossenes Musikstudium hat und sein Geld mit der Musik verdient.
Individuelle Anforderungen
Auch diese spielen eine erheblich Rolle bei der Wahl des neuen Bogens. Wo/wie soll er eingesetzt werden? Auf Reisen, im Ausland, open Air? In Kneipen und kleinen Sälen, die klimatisch kritisch sein können (z.B. hohe Temperaturen/Luftfeuchtigkeit)? In kalten Kirchen?
Soll der Bogen stundenlanges Spiel am Stück vereinfachen (z.B. Wagner-Opern)? Da machen bereits 1-2 g weniger einen erheblichen Komfort-Unterschied aus. Oder soll er ein Maximum an Farben und Obertönen liefern, z.B. bei der ersten Geigenstimme im Quartett? Die Definition dieser Anforderungen ist ein weiterer Meilenstein für die Vorüberlegungen zur Wahl des richtigen Bogens.
Umwelt-Aspekte/Nachhaltigkeit
Diese Aspekte werden für immer mehr Musiker zu einem entscheidenen Kriterium. Ich werde mich in die derzeit laufende Diskussion öffentlich nicht einmischen, trotz dezidierter eigener Meinung, möchte aber folgende Fakten zu bedenken geben:
- qualitativ hochwertiges Fernambukholz ist immer altes Holz, geschlagen von Bäumen, die in der Regel älter als 80 Jahre sind
- qualitativ hochwertiges Fernambukholz kommt nur im brasilianischen Regenwald vor
- nur ein kleiner Teil des Holzes von einem geschlagenen Baum kann für den Bogenbau verwendet werden
- Fernambukholz steht auf der Liste bedrohter Arten und der Umgang (Handel, Im- und Export) ist beschränkt gem. CITES-Liste Anhang II
- bei der nächsten CITES-Konferenz im November 2025 ist damit zu rechnen, dass Fernambukholz in den Anhang I verschoben wird. Damit wäre es gleichgesetzt mit z.B. Elfenbein und das Reisen mit jeglichen Fernambukbögen würde nur noch mit vorliegenden umfangreichen Begleitdokumenten, z.B. zur Herkunft und zum Baujahr möglich sein. Auch würde es dem Zoll weltweit erlaubt sein, bei lückenhafter Dokumentation den Bogen sofort zu beschlagnahmen.